Montag, 31. Mai 2010

Nachtrag: der Rückflug

Die Fahrt zum Flughafen -diesmal ohne sprachkundig Begleitung verlief ganz gut. Es war aber das einzige Mal, dass ich mitten in die Rush-hour kam, mit all den sattsam berichteten Begleiterscheinungen wie z.B. sich rückwärts in die vollgestopfte U-Bahn zwängen. Ich habe eine Bahn ausgelassen, dann ging es auch mit Koffer und Rucksack.


Meine Hoffnung auf einen schönen Abschiedsblick auf den Fuji wurde enttäuscht. Er war mehr zu erahnen als zu sehen.


Zunächst gab es einige Turbulenzen, gerade als wir unseren ersten Imbiss hinter uns hatten. Plötzlich war die gesamte Crew verschwunden und es wackelte wirklich heftig. Dann aber wurde es ein wunderbarer ruhiger Flug über Sibirien, das noch immer vom Winter fest im Griff war.



Der Zwischenhalt in Moskau - ein Kontrastprogramm zu Japan. Unfreundliche weibliche Dragoner und ein ätzender Aufenthalt in dem nagelneuen Terminal, das aber leider noch nicht richtig eingerichtet war. Immer wieder liefen Pulks von Reisenden auf der Suche nach dem richtigen Gate rum, an Schlafen war auch nicht zu denken, weil sich so langsam um mich herum die Halle mit Reisenden aus ostasiatischen Ländern (Thailand?) füllte, mit völlig aufgedrehten Kindern. Wohltuend ruhig dazwischen eine Reisegruppe aus Japan.

Sonntag, 11. April 2010

Wieder zurück

Nun bin ich schon den zweiten Tag wieder zurück, aber so richtig angekommen bin ich noch nicht.

Ich werde in den nächsten Tagen noch ein paar Einträge ergänzen und will auch noch kurz von Tokyo berichten.
So viel erstmal für heute.

8. April Tokyo

Dieser letzte Tag in Tokyo war ein Tag voller Kontraste. Zunächst besuchten wir noch einmal den Sensoji-Tempel, der ja sozusagen "um die Ecke" von unserem Hotel lag. Dort platzten wir mitten in einen Festumzug von Kindergartenkindern.

Auch zu diesem Tempel gehören viele Buden, es ist eine ganze Straße. Man kann sich zu essen kaufen, es gibt jede Menge Souvenirs (Papierschirme z.B. oder T-Shirts mit Mangamotiven), aber auch ganz praktische Dinge wie klein zusammenfaltbare Taschen. Eine solche Tasche - schwarz mit roten Kirschen drauf - sollte mir für die Heimreise gute Dienste tun.
Da wir uns nochmal ein Eis gegönnt hatten, mussten wir uns auf die Rückseite begeben. Ich habe das nicht bereut.
Ganz in der Nähe haben wir einen wunderbaren Laden entdeckt, in dem man nach Herzenslust Papier kaufen kann - in allen Farben
und Qualitäten. Ich hätte stundenlang dort verbringen und immer neue Schubladen aufziehen können.

Aber wir hatten ja noch etwas anderes vor: die "Besteigung" des Tokyo-Towers. Ich habe viele, viele Fotos von dort oben gemacht. Die Auswahl ist mir schwer gefallen.
Zunächst amüsierte uns der Blick auf einen Park direkt unterhalb des Turms, in dem viele Kirschbäume blühten und die bekannten Plastikplanen in "Sakurablau" ausgelegt waren.

Die anderen Fotos sprechen für sich.




Den Hafen habe ich von der obersten Plattform aus aufgenommen. Die Fahrt dort hinauf war für mich allerdings etwas grenzwertig.

Weiter ging es dann zu Fuß durch ein paar ganz unspektakuläre Straßen, wie ich sie so gerne habe, zum Meiji-Park, eine Art Wald mitten in der Stadt sehr wohltuend.

Am anderen Ende machten wir einen kleinen Ausflug hinein nach Harajuku, ein Mekka für Jugendliche, die sich gerne schrill oder kitschig oder beides präsentieren.



Und zu guter Letzt gönnten wir uns noch einen kleinen Eindruck von Electric City: laut, voll, blinkend. Hier reiht sich Kaufhaus an Kaufhaus, teilweise 8 und mehr Stockwerke vollgestopft mit Elektronik und zugehöriger Software - für jeden Geschmack und für jede Altersklasse.

Der Rest des Abends war unspektakulär: H. fuhr erkältet nach Hause und ich kaufte mir meine letzte Bentokiste, packte meinen Koffer und schrieb mir alle Umsteigestationen für den Abreisetag auf.

Mittwoch, 7. April 2010

7. April - Nikko

Die Umstellung unseres Reiseprogramms hatte ein Gutes: Da wir länger als ursprünglich vorgesehen in Tokyo sind, konnten wir heute noch Nikko besuchen.

Das Wetter regnerisch (aber wir hatten Glück - so richtig geregnet hat es nicht) und in Nikko, das über 500 m hoch liegt, war es sehr kühl. Der Toshogu-Schrein in Nikko ist noch viel prächtiger als ich es mir vorgestellt habe.

Zunächst geht man durch ein riesiges Torii aus Granit.


Einige Gebäude des Schreins:




Bevor man sich dem Yomei-mon Tor widmet, kann man diese herrliche Laterne bewundern.



Die Schnitzereien am Yomei-mon Tor sind derart prächtig, dass man sie fast schon als überladen bezeichnen muss und so detailreich, dass man sie stundenlang betrachten könnte. Ich reihe jetzt einfach mal ein paar Fotos aneinander.





An einem Gebäude auf dem Gelände des Schreins ist übrigens eine Darstellung der drei Affen, die nichts sehen, nichts hören und nichts sagen. Die Deutung ist: Kinder sollen nichts Schlechtes sehen, nichts Schlechtes hören und nichts Schlechtes sagen.



Und dann kann man an einem weiteren Gebäude solche entzückenden Details finden, wie die schlafende Katze



oder diese Sperlinge, die man fast tschilpen hören kann.


Der ganze Schrein liegt mitten in einem Zedernwald, alle aus dem 17. Jahrhundert, es sollen um die 3000 sein.



Anschließend sind wir noch am Fluss Daya entlangspaziert und wären am liebsten zum Wasser hinabgestiegen, aber es gab keinen Weg auf unsere Seite des Flusses. Die Brücke wurde nach altem Vorbild restauriert.




Nach einem leckeren verspäteten Mittagsessen (Bilder haben wir natürlich gemacht) schlenderten wir durch die nicht gerade belebte Hauptstraße des Ortes und durchstöberten mehrere Antiquitäten- und Trödelläden. Es gibt dort traumhaftes altes Porzellan zu kaufen - sündhaft teuer leider. Aber wir haben einige alte Drucke gefunden, die um die Jahrhundertwende (?) in Tokyo als "Bildzeitungen" fungierten.



Morgen werden noch ein bisschen Tokyo ansehen, und übermorgen um diese Zeit bin ich schon wieder auf dem Landeanflug in Schönefeld.

6. April - Hakone / Tokyo

Diesen Ausflug habe ich alleine gemacht. ich war früh dran und auf dem Weg zum Bahnhof strömten mir jede Menge nicht gerade morgenfrischer Japaner entgegen, auf dem Weg in ihre Kapitalismusburgen.
Erste Station war Odawara, eine hübsche Stadt am Meer. Dort habe ich mir die Burg angesehen (interessantes Museum mit vielen Alltagsgegenständen der damaligen Vornehmen und reichlich Waffen). Rund um die Burg stehen Kirschbäume in voller Blüte, ein leichter süsser Duft lag in der Luft, außer mir waren v.a. Japaner mit großen Fotoausrüstungen unterwegs um möglichst stimmungsvolle Bilder von Kirschblüten zu machen.
Ich kam an einer Oberschule vorbei, bei der wohl gerade erster Schultag war. Die Schüler waren alle in ihrer Uniform, teilweise wurden sie von den Eltern begleitet, Presse war da und an jedem Fussgängerüberweg standen ältere Schüler und begrüssten die Ankommenden mit Verbeugungen. Dann sah ich einen Trupp Bauarbeiter, die gerade mit ihre Pausengymnastik anfingen.

Meine Rundreise durch das Hakonegebiet machte ich mit Zug, Bus, Schiff, Gondel und Seilbahn. Mit dem Bus geht es auf kurvenreicher Strecke durch einen schönen Mischwald sehr hoch hinauf, dann wieder bergab bis zum Ashisee. Es ist der See, in dem sich bei gutem Wetter der Fuji spiegelt. Aber daran war diesmal nicht zu denken. Die Wolken hingen grau und tief über dem See.


Der See wird von einer Art Nostalgieschiffen befahren, die grottenhäßlich sind (dekoriert mit blonden Piraten!) , aber die zumindest der Truppe von Koreanern, die mitfuhr, eine geeignete Kulisse für unzählige Erinnerungsfotos boten.

Weiter ging es mit der Gondel in ein Kratergebiet, in dem es überall aus der Erde dampfte und ein leichter Schwefelgeruch in der Luft hing. An einigen Stellen ist auch tatsächlich Schwefel zu sehen. Hier bekommt man in heißen Schwefelquellen gekochte Eier, deren Verzehr die Lebenszeit versiebenfachen soll. Ich habe drei gegessen.

Nach einer weiteren Gondelfahrt über tiefe Täler (und der vergeblichen Hoffnung, doch noch einen Blick auf den Fuji zu erhaschen), ging es zurück per Seilbahn und dann mit einem kleinen Zug.


Am Abend bin ich mit meinen Sachen in ein anderes Hotel mitten in Asakusa, einem sehr lebendigen Viertel in Tokyo gezogen. Diese Umgebung gefällt mir sehr gut, es gibt viele kleine Straßen, auf denen abend viel los ist, auch ganz stimmungsvolle Ecken.


Mehr durch Zufall gerieten wir mitten in die Sakura-Feiern am Ufer des Sumida. Ich konnte mir das nie so recht vorstellen, aber die Zeit der Kirschblüte ist wirklich besonders. Dieser Uferstreifen ist von Kirschbäumen gesäumt. Jetzt hängen in den Zweigen rosa gefärbte Laternen und unter den Bäumen sind Plastikplanen ausgelegt (wir fanden, "sakurablau" sei der passende Begriff für diese Farbe). Am Rande der Planen stehen fein säuberlich aufgereiht die Schuhe und auf den Planen sitzen lauter Gruppen von Leuten, junge, alte, Familien, Betriebsgruppen und v.a. auch Geschäftsleute in ihren schwarzen Anzügen. Teilweise haben sie ganze Picknickausrüstungen mitgebracht. Alles war fröhlich und obwohl reichlich getrunken wurde, gab es kein Gegröhle. Irgendwann brach dann alles auf, der angefallene Abfall wurde natürlich mitgenommen.




Dienstag, 6. April 2010

5. April - Shinyokohama

Wir haben einen langen Tag im Zug verbracht und sind vorwiegend mit dem Shinkansen von Kumamoto bis Shinyokohama gefahren. Die Wahl fiel auf diesen nur aus praktischen Gründen: H. musste am anderen Tag früh zu ihrer Uni und unser Hotel in Tokyo hatte kein Zimmer für die Nacht frei.
Ein bisschen habe ich es ja bedauert, dass der Shinkansen zwar schnell ist, aber dafür auch nicht immer die wirklich malerischen Teile des Landes durchfährt. In Berggegenden reiht sich Tunnel an Tunnel, dazwischen blitzt mal kurz ein Tal auf und schon ist man wieder im Dunkeln. Ganz besonders schade finde ich, dass auch die Kammon-Straße, die Kyushu von Honshu trennt, unterquert wird.
Der Tag begann sonnig, trübte sich dann aber ein - mal wieder. V. a. im Gebiet des Fuji hingen tiefe Wolken.

Shinyokohama (= Neu-Yokohama) ist eine höchstmoderne Stadt aus Beton, Glas und Stahl. Hier ist alles versammelt, was in der Welt der Technik Rang und Namen hat. Wir haben einen kleinen Kontrapunkt dagegen gesetzt und sind abends zum Essen ins Ramenmuseum gegangen. Man kann durch die Kulissen spazieren, überall schallt einem Musik aus der Zeit um 1958 entgegen, auch die ganzen Accesoires stimmen. Da wir in Kumamoto, das für seine Ramen berühmt ist, kein Restaurant gefunden hatten, das uns gefiel, haben wir dies nun hier nachgeholt und diesen Teil der Reise damit abgerundet.

Sonntag, 4. April 2010

Von sprechenden Ampeln und anderen Merkwuerdigkeiten

Schon im Flugzeug fiel mir eine merkwuerdige Angewohnheit der Japaner auf: das Tragen eines Mundschutzes. Es ist eine Minderheit, die das tut, aber sie fällt auf. Genau habe ich noch nicht herausbekommen, welche Gesetzmäßigkeit dahinter steckt. Im Flugzeug z. B. legte eine Frau ihren Mundschutz an, als sie das Flugzeug betrat, nahm ihn zum Essen ab und ließ es dann dabei bewenden. Busfahrer oder Kontrolleure tragen ihn - oder auch nicht. Leute mit Schnupfen tragen ihn - oder auch nicht. Ich habe aber den Eindruck, dass hier in Tokyo oder Kyoto deutlich mehr Leute weiß vermummt durch die Gegend laufen, als in Kumamoto.

Gewöhnungsbedürftig ist die ständige Geräuschkulisse. Überall klingelt es und dudelt es. Das Hotel, in dem wir uns befinden, überzieht alle öffentlichen Räume, also auch die Flure mit klingelnden Melodien, mal ist eine Art Glöckchenversion aus dem Phantom der Oper, heute ist u.a. John Lennon dran, ebenfalls in Glöckchenversion. Heute nachmittag saßen wir ihn einem Cafe, in dem irgendeine Barmusik erklang, aus dem zum Cafe hin offenen Nebenraum erklang gleichzeitig eine der beliebten Klingelmelodien.

Auch die Ampeln sprechen mit einem. Man erfährt, dass es jetzt "blau" sei, und dass man die Straße überqueren könne. Wenn man eine Rolltreppe benutzen will, wird man daran erinnert, nur innerhalb der aufgezeichneten gelben Linien zu stehen und ihn der Bahn kann es passieren, dass man darauf aufmerksam gemacht wird, dass es gleich ruckeln könne und man sich daher gut festhalten solle. In Kumamoto, wo es nicht so viele Sehenswürdigkeiten gibt, wie z. B. in Kyoto, erzählt eine freundliche Stimme vor jeder Haltestelle, welche Bars, Restaurants usw. es in der Nähe gibt. Damit es dazwischen nicht zu leise wird, werden die Lücken durch Werbung und dazugehörende Jingles aufgefüllt.

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass irgendjemand all den Wortschwallen zuhört. Die Japaner sind nämlich sehr häufig damit beschäftigt, ihr Handy zu bedienen, gerne auch im Gehen, Jugendliche genauso wie büromäßig gekleidete Herren mittleren Alters oder würdige alte Damen. Diese Eigenschaft finde ich sehr bewundernswert, ich wäre schon längst zehnmal gestolpert, oder mit jemand anderem zusammengestoßen, wenn ich mit dem Ding vor der Nase durch die Gegend laufen würde.